In diesem Artikel möchten wir kurz die Hintergründe und das Ergebnis zum Masterplan Allgemeinmedizin erklären. Den Masterplan zum Download finden sie auf oegam.at/masterplan
Hintergrund und Entstehung
Erste Anstöße für das Projekt „Masterplan Allgemeinmedizin“ kamen aus einer von der Bevölkerung ausgehenden Regionalinitiative im Waldviertel. Dort hatte akute, begründete Sorge bestanden, dass die Hausärzte und damit die wohnortnahe Versorgung verlorengehen könnten. Innerhalb der NÖGAM reifte daraufhin in vielen Diskussionen über eine Gegensteuerung die Überzeugung, dass Einzelmaßnahmen zur Lösung dieses vielschichtigen Problems nicht ausreichen werden.
Maßnahmenbereiche
Universitäre Ausbildung
Ein frühes und kontinuierliches Auseinandersetzen von Studierenden mit der Allgemeinmedizin erhöht den Anteil an Interessierten, wie internationale Erfahrungen zeigen. Die Einbindung der Allgemeinmedizin erhöht das Verständnis und die Wertschätzung gegenüber der Primärversorgung auch unter all jenen, die ein Sonderfach anstreben, und ist für die spätere Zusammenarbeit zwischen den Versorgungsebenen relevant. Die universitäre Allgemeinmedizin erfüllt dabei eine wichtige Rolle in der Koordination, Durchführung und Qualitätssicherung. In diesem Themenblock sollen somit Ideen zur Stärkung und Verbesserung der Wertschätzung gegenüber der AM und ihren Instituten eingebracht und Maßnahmen ausgearbeitet werden, welche die Stellung der Allgemeinmedizin an den Universitäten ideell und finanziell verbessern können.
Fachausbildung
Trotz neuer Ausbildungsordnung besteht nach wie vor ein großes Gefälle in der Ausbildungsqualität einzelner Standorte. Die Lehrpraxis-Finanzierung wird erst in allerletzter Sekunde überall geregelt sein (und nicht bundesweit einheitlich), die gesetzliche Anerkennung als eigenes Fach ist nach wie vor nicht gegeben. Die Zusammensetzung des Fächerkanons und die Ausbildungsdauer sind auch Thema von Diskussionen. Gerade punkto Gleichstellung in der Ausbildung(-squalität) und Wertschätzung erscheint die Fachanerkennung unumgänglich. Doch gibt es genügend weitere Maßnahmen, die Studierende mit Studienabschluss mehr an die Ergreifung dieses Faches denken lassen könnten.
Niederlassung
War es früher eine „Selbstverständlichkeit“, den Sprung in die Niederlassung mehr oder weniger unbedarft zu wagen, so hat sich dies gewandelt: Die jüngeren Generationen fühlen sich auf die unternehmerische Tätigkeit nicht ausreichend vorbereitet und sind weniger bereit, langfristige finanzielle Risiken für den Beruf einzugehen. Gab es früher eigentlich nur die Möglichkeit der Selbstständigkeit, so sind heute sowohl weitere Zusammenarbeitsformen als auch die Selbstständigkeit mit unternehmerischer Eigenverantwortlichkeit – vielleicht eingebettet in ein Netzwerk – erwünscht. Welche Möglichkeiten es gibt und was man dazu braucht, erfahren junge Kollegen oft erst in einem späten Stadium oder gar nicht. Unsicherheiten, Vorurteile und Ängste, die während der Ausbildung bestehen, müssen vor der Entscheidung zur Niederlassung schon ausgeräumt werden, sonst wird diese Entscheidung seltener getroffen. Zusätzlich sollte der Mobilität der jungen Generation Rechnung getragen werden – bundesländerunterschiedliche Regelungen und Zusammenarbeitsformen machen den Durchblick schwer und verunsichern.
Niedergelassene Tätigkeit
In diesem Themenbereich werden Niederlassungsformen genauer beleuchtet sowie Vorschläge zur Arbeitserleichterung und Belastungsreduktion erarbeitet. Gerade Best-Practice-Beispiele geben erste Hinweise, wie eine Attraktivierung des Berufes aussehen könnte, Netzwerkideen oder auch Änderungen in den Regelungen des Ärztenotdienstes (Beispiel Oberösterreich – HÄND) erscheinen genauso sinnvoll wie andere Maßnahmen, die nicht nur in fernerer und näherer Zukunft, sondern auch im bestehenden System bereits Erleichterungen oder Verbesserungen bringen könnten.
Strukturelle Aufwertung
Dieser Themenblock beschäftigt sich mit Maßnahmen wie der Anerkennung als Fach, der Steigerung der Wertschätzung im Gesundheitssystem und unter der Kollegenschaft, der Wahrnehmung als Fach mit hoher wissenschaftlicher Relevanz und vielem mehr. Ziel ist es, mit diesen Maßnahmen den Wert der Allgemeinmedizin sowohl in der Öffentlichkeit als auch im Gesundheitssystem klarer darzustellen. Es braucht nicht nur eine strukturelle Wertschätzung zur erleichterten finanziellen Aufwertung, es braucht Wertschätzung für die vielen jetzt arbeitenden Allgemeinmediziner, um diese als Mentoren und Lehrende für jüngere Generationen zu gewinnen und zu behalten. Gelungene Lehre und das Begeistern für diesen Beruf funktionieren nur dann, wenn dieser auch nach wie vor mit Freude erlebt wird.
Ökonomische Wertschätzung
Hand in Hand mit einer Verbesserung der allgemeinen Wertschätzung bedarf es einer Systemänderung hin zu beispielsweise ausgeglichenen Honorierungssystemen beziehungsweise Anerkennung der entsprechenden Arbeitsleistung. Eine Verbesserung der Betreuungsqualität für die Patienten kann vielleicht durch finanzielle Anreize oder vielleicht durch eine Adaptation der Zahl der Kassenstellen erlangt werden. Solche und ähnliche Gedanken werden in diesem Themenblock beleuchtet, und es wird versucht, Maßnahmen zu finden, die möglichst einfach eine ökonomische Wertschätzung ausdrücken.
Timeline
Bisherige Timeline
- 08/2017: Grundidee “Multimodales Therapiekonzept gegen einen Landärztemangel” der NÖGAM
- 10/2017: Weiterentwicklung zur Idee eines “Masterplan Allgemeinmedizin” unter Einbeziehung des Instituts für Allgemeinmedizin (BSAM) und evidenzbasierte Versorgungsforschung (IAMEV)
- 11/2017: Umfrage im ÖGAM-Vorstand
- 11/2017: Besprechung im ÖGAM-Vorstand – Beschluss zur Weiterführung des Projekts
- 11/2017: Einbindung von Projektpartnern (Bundessektion Allgemeinmedizin und Universitäten)
- 12/2017: Beginn der Online-Konsultation
- 02/2018: Abschluss der Online-Konsultation
- 03/2018: Maßnahmen-Workshops im Rahmen der ÖGAM-Klausur (St. Gilgen)
- 04/2018: Einarbeiten der Workshop-Ergebnisse
- 04-05/2018: Engere Abstimmung mit der Bundessektion Allgemeinmedizin (BSAM)
- 05-07/2018: Einarbeitung Abstimmung BSAM, weitere Feedbackrunden Autoren
- 07/2018: Finalisierung des Masterplans V 1.0 zur Veröffentlichung
- 08/2018: Vorstellung des Masterplans “Meet the Experts” – Wien am 8.8.2018
Team und Mitarbeit
Koordinationsgruppe
- ÖGAM: Susanne Rabady
- JAMÖ: Sebastian Huter
- BSAM: Christoph Fürthauer
- Universitäter Bereich (IAMEV): Stephanie Poggenburg
- Koordination: Maria Wendler