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Taucherarztausbildung für Allgemeinmediziner – eine interessante Kompetenzerweiterung

Tauch- und Hyperbarmedizin sind Fachgebiete, die im Medizinstudium und auch in der postpromotionellen Ärzteausbildung in Österreich fehlen. Dies mag geografisch-historische Gründe haben, da Österreich nach dem Ersten Weltkrieg seinen Zugang zum Mittelmeer und auch seine Marine verloren hat. Länder mit Marine und Zugang zu Meeren haben immer auch tauchmedizinische und hyperbare Forschung betrieben und haben zum Teil auch heute noch Universitätslehrstühle für Tauch- und Hyperbarmedizin. Trotz dieses fehlenden Umfeldes hat der Österreicher Hans Hass bereits während des Zweiten Weltkrieges parallel zu Jean-Jacques Cousteau die Entwicklung des SCUBA-Tauchens vorangetrieben. Damals wurden zwar schon lange Helmtaucher mit Oberflächenversorgung bei Unterwasserarbeiten eingesetzt (Brückenbau, Staudämme…), jedoch ermöglichten erst die Entwicklung von unabhängigen Pressluftflaschen und Lungenautomaten (SCUBA) die Entwicklung des Tauchsportes.

Auch wenn Österreich nicht an ein Meer grenzt, so gibt es viele Begeisterte, die in Seen tauchen oder in zunehmender Zahl seit den 1970iger-Jahren im Mittelmeer und jetzt überall auf der Welt tauchen. Da diese Sportart als einzige in einem hyperbaren Milieu stattfindet, wirken auf den Körper auch größere physikalische Kräfte als in normobarer Umgebung. In 10 m Wassertiefe beträgt der Umgebungsdruck bereits 2 bar, und er nimmt linear um 1 bar je 10 m Wassertiefe zu. Daraus resultieren Auswirkungen auf die Atem- und Herz-KreislaufPhysiologie und auch auf die Nierenfunktion.

Neben körperlicher Gesundheit und Fitness erfordert die Geräteabhängigkeit eine gewisse psychische Einstellung, die Bereitschaft, sich mit der Technik auseinanderzusetzen und auch in Notfallsituationen richtig zu handeln.

Aus diesen speziellen Anforderungen ist es ratsam – und das wird auch von guten tauchausbildenden Organisationen so gefordert –, dass man ein ärztliches Attest über die Tauchtauglichkeit beibringt. Berufstaucher unterliegen dem ASchG und müssen von eigens ermächtigten Ärzten jährlich untersucht werden. Diese Ermächtigung wird Arbeitsmedizinern, die das Diplom IIa (Diving Medicine Physician) erlangt haben und selbst tauch- und drucktauglich sind, per Bescheid zuerkannt.

Tauchattest nicht leichtfertig ausstellen

Beim Sporttauchen besteht für den Taucher zwar keine gesetzliche Verpflichtung, gute tauchausbildende Organisationen im In- und Ausland verlangen jedoch aus forensischen Gründen ein medizinisches Attest. Es passiert dabei oft, dass Patienten dann den Hausarzt fragen, ob er nicht so ein Attest einfach ausstellen könnte. Hier ist jeder Allgemeinmediziner gut beraten, dies nicht ohne spezielle Kenntnis der Tauchmedizin zu tun, da bei Nichtbedenken von wesentlichen Kontraindikationen für Tauchsport bzw. bei chronischen Erkrankungen die volle ärztliche Verantwortung für das Attest, das ein Gutachten darstellt, übernommen wird und daher auch die rechtlichen Folgen gegenüber Versicherungen oder Gerichten im Streitfall getragen werden müssen.

Taucher kommen nicht nur aus Großstädten, wo es mehrere niedergelassene Tauchmediziner gibt, sondern auch aus ländlichen Gebieten, wo es nicht so leicht ist, einen zertifizierten Taucherarzt zu finden. Deshalb wäre es sehr zu empfehlen, zumindest das Diplom 1 (= Kurs 1) EDTC/ECHM „Tauchtauglichkeit“ („Medical Examiner of Divers“) zu machen. Damit ist man legitimiert, Tauchuntersuchungen lege artis durchzuführen und kann diese auch privat verrechnen. Man kann sie auch mit dem Angebot einer VU kombinieren, wodurch sich für den Patienten die Kosten reduzieren.

Der Kurs, der von der ÖGUHM (Österreichische Gesellschaft für Unterwasser- und Hyperbarmedizin www.oeguhm.at) angeboten wird, dauert eine Woche und ist kombiniert mit praktischen Übungen im Tauchsport sowie Erste Hilfe und Tauchunfallbehandlung, was auch für Notärzte wichtig ist.

Um Taucher auf Augenhöhe richtig beraten zu können, verlangen eigentlich alle Europäischen Tauchmedizinischen Gesellschaften, dass der Taucherarzt auch selber taucht. Hierfür ist zumindest die Basisausbildung (OWD) erforderlich. Dies kann man zuerst im Schwimmbad, dann in einem der österreichischen Seen lernen.

Die nächsthöhere Stufe der Taucherarztausbildung ist dann der Kurs IIa (Diplom IIa), der auch die Grundlage für Arbeitsmediziner ist, die §49 Ermächtigung für Druckluft- und Taucherarbeiten zu erlangen. Das Diplom 1 ist außerdem die erste Stufe der Ausbildung zum Hyperbarmediziner, die im Kurs IIb ihre Fortsetzung findet und ermöglicht, auch international an diversen Druckkammerzentren (evtl. auch vorübergehend ) zu arbeiten. Die Kurse sind innerhalb Europas gleich, sodass auch eine weitere Ausbildung im Ausland angerechnet wird.

Allgemeinmediziner ist optimaler Tauchmediziner

Für die Erstellung des Tauchtauglichkeits-Attestes ist der Allgemeinmediziner aufgrund seiner umfassenden Ausbildung geradezu prädestiniert. Was umfasst diese?

  • tauchspezifische und allgemeine Anamnese
  • klinische Untersuchung mit besonderem Augenmerk auf HNO, Neurologie, Lunge und Herz-Kreislauf
  • Ruhe-EKG, Fahrradergometrie ab ca. 45 Jahren oder bei kardialem Risiko (Diese kann, wenn man es selber nicht anbietet, an einen Internisten ausgelagert werden.)
  • Lungenfunktion (grafische Darstellung der Fluss-Volumenkurve und Beurteilung)
  • Labor
  • HNO-Status
  • neurologischer Überblicksstatus

Erforderliche Ordinationsausstattung (wie in AM-Praxis üblich): EKG, Lungenfunktion mit grafischer Darstellung, RR-Messung, Otoskop, Labor, Reflexhammer, evtl. Ergometrie (oder man überweist zum FA).

Kurs 1 bietet folgende Themen: Grundlagen und spezielle Kapitel der Tauchmedizin, wie Tauchphysik, Tauchphysiologie, organspezifische Belastungen, HNO und Tauchen, Lungenfunktion, Rettungskette bei Unfällen, Tauchunfälle, tauchspezifische Gesundheitsprobleme und deren Therapie, chronische Erkrankungen und Tauchen (Asthma und Diabetes), Dekompressionserkrankung und arterielle Gasembolie, Druckkammerbesuch und Druckkammerbehandlung, gefährliche Meerestiere und Erste Hilfe bei Verletzungen durch diese, absolute und relative Kontraindikationen für Sporttauchen sowie Bewertung der Tauchtauglichkeit nach Unfällen und Erkrankungen.

Zusammenfassung

Die erste Stufe der Taucherarztausbildung Diplom 1 „Tauchtauglichkeit“ („Medical Examiner of Divers“) bietet Ärzten eine wertvolle Zusatzkompetenz, die man im Praxisalltag anbieten kann, da es überall in Österreich Tauchklubs und Taucher gibt, die kompetente Untersuchung, Beratung und Betreuung schätzen.

Dr. Ulrike Preiml, Taucherärztin,  Präsidentin der Österr. Gesellschaft für Unterwasser- und Hyperbarmedizin, Wien

Nächste Aus- und Weiterbildungskurse der ÖGUHM

3.–10.11.2016: Diplomkurs 1 „Tauchtauglichkeit“

Kursort: Tauchschiff „Golden Dolphin“, Kursroute Süd ab Marsa Alam

Approbationen: „Medical Examiner of Divers“/EDTC/ECHM, DMAC zertifiziert

DFP: 36 Punkte

ÖÄK-Diplom Sportmedizin: 25 Std. Theorie,
10 Std. Praxisseminar, 21 Stunden Ärztesport
Taucherarzt-Refresher (16 UE),
Notarzt-Refresher (16 UE) nach §40, Abs.(3) ÄG

10.–17.11.2016

Nur für erfahrene Taucher!

Kursort: Tauchschiff „Golden Dolphin“, Kursroute Daedalus Rocky Zabargad

Approbation wie oben, kein Diplomkurs 1

Information und Anmeldung (auch für Tauchgrundausbildung):

Dr. Ulrike Preiml
Tel.: 0676/309 24 80
fortbildung@oeguhm.at
www.oeguhm.at