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16. Wintertagung Allgemeinmedizin – eine erfolgreiche Tradition findet ihre Fortsetzung

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Auch dieses Jahr wurde Zug am Arlberg, genauer das Hotel Rote Wand der Familie Walch, wieder Schauplatz der ÖGAM-Wintertagung für Allgemeinmedizin, die mittlerweile zum sechzehnten Mal stattfand. Besonderheit der Wintertagung war wieder die gemütliche und familiäre Atmosphäre in überschaubaren Rahmen. Kommunikation und Austausch sowohl in den Seminaren und Workshops als auch beim Essen, in den Pausen oder auch auf der Skipiste gehören ebenso zu den Vorteilen der Wintertagung wie Fortbildung und Weiterbildung, Reflexion und Erfahrungsaustausch in hoher Intensität.
In bewährter Weise gelang es Thomas Horvatits wieder mit seinem Kongresskomitee ein vielfältiges und doch interessantes Programm zusammenzustellen, und dies nicht nur für KollegInnen sondern auch in Kooperation mit dem BdA für MitarbeiterInnen.
Nach einer kurzen Kongresseröffnung am Sonntag dem 15. 1. 2017 begann der Abend bereits mit einer Statuserhebung der Allgemeinmedizin in Österreich und einer Reflexion der eigenen Berufsmotivation: „Motivation zur Hausarztmedizin“ titelte der Vortrag von Andrea Siebenhofer-Kroitzsch. Klar in ihren Ausführungen zu erkennen: Trotz steigender Ärztezahlen hat sich in Österreich in den letzten Jahren die Zahl der AllgemeinmedizinerInnen mit Kassenvertrag deutlich schlechter entwickelt, nur ein Bruchteil österreichischer ÄrztInnen sind versorgungswirksame AllgemeinmedizinerInnen mit Kassenvertrag. Auch stellt sie die Frage nach dem Nachwuchs in der Allgemeinmedizin – er ist nur zögerlich im Wachsen. Sie gibt Einblick in die Wahrnehmung der Studierenden über das Fach Allgemeinmedizin: Die fehlende Attraktivität scheint primär vielmals wegen den beruflichen Rahmenbedingungen zu fehlen, erst in nachrangigen Positionen wird auch die Work-Life-Balance seitens der Studierenden genannt. Bedauerlicherweise fiel kurzfristig die „Asklepios“-Lesung von Michael Köhlmeier aus, dieser Zeitgewinn wurde aber postwendend für ein gemeinsames Brainstorming über ein Maßnahmenpaket zur Attraktivierung des Berufsbildes Allgemeinmedizin verwendet – denn: Allgemeinmedizin ist ein schöner Beruf, und wir sind glücklich damit, trotz mancher Beschwerlichkeiten.
Die weiteren Tage boten ein bunt gemischtes Programm oftmals in Form von Intensivkursen, so wurden zum Beispiel die orthopädischen Workshops von Mathias Glehr und Gerald Gruber über Untersuchungstechniken und Therapieoptionen von Hand, Fuß und Hüfte gerne wahrgenommen und erfreuten sich durchaus positiver Rückmeldung.
Barbara Hasiba brachte die Mutter-Kind-Pass-Untersuchung und ihre Wichtigkeit in der allgemeinmedizinischen Praxis vor, mit hoher Kompetenz und ehrlich gelebter Freude gelang es ihr, das Publikum von der Wichtigkeit der Untersuchung zu überzeugen, gab Einblick in ihre persönliche Trickkiste zur Untersuchung der kleinen Klienten und weckte in so manchen die Motivation, sich mit der Kindesentwicklung wieder etwas mehr auseinanderzusetzen.
Aktuelle medizinische Themen, wie z.B. der Einfluss des intestinalen Mikrobioms auf die Psyche (Gabriele Moser), bakterielle Fehlbesiedlung im Dünndarm – SIBO (Reinhold Glehr) oder auch die Diagnostik und Therapie der Dyslipidämien angesichts neuer Leitlinien und Indikation von PCSK9-Hemmern (Andreas Sönnichsen), fanden ebenso Eingang ins Programm wie „traditionellere Thematiken“, wie z.B. der Umgang mit erhöhten Leberwerten (Andreas Püspök) und die Therapie von Diabetes – wobei hier Stefan Aczél (St.Gallen/Schweiz) vor allem auf die Wichtigkeit der Lifestyle-Intervention (und vermehrter milder Bewegung) bei Früherkennung einer Blutzuckererkrankung bzw. einer Glucosetoleranzstörung hinwies.
Zusätzliches „Zuckerl“ dieses Jahr waren die anerkannten Weiterbildungen, so war es im Rahmen der Wintertagung dieses Mal möglich das Basismodul A des DMp „Therapie Akitv“ (Susanne Rabady) zu absolvieren bzw. eine Auffrischung durchzuführen, ein Notfallrefresher mit Übersicht über die aktualisierten ESC-Guidelines und praktische Übungen (Veronika Srna & Rainer Schmid) konnte ebenso absolviert werden, wie das von der Ärztekammer verpflichtende Lehrpraxisleiterseminar, welchem doch ein paar neugierige und zukünftige LehrpraxisleiterInnen aus ganz Österreich beiwohnten.
Ergänzt wurden diese Themen durch weitere „Soft-Skills“, wie zum Beispiel die Anwendung nützlicher Kurzinterventionen bei Angst und Depression (Birgit Tiefenthaler) oder auch Umgang, Tipps und Rechtsgrundlagen von Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht (Barbara Degn). Auch Qualitätszirkel und Balint-Gruppe (Bernhard Panhofer) durften nicht fehlen, bestehende Pausen wurden in toller Atmosphäre und schönem Panorama zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch und zur Reflexion genutzt sowie Inputs für weitere Tagungen gesammelt.
Zu erwähnen bleibt noch ein ungewöhnlicher Höhepunkt der Wintertagung: Der Workshop über „Die Schönheit und Poesie der Hausarztmedizin“ von Bruno Kissling (Bern/Schweiz) und Bernhard Panhofer. In sensibler Weise führten die beiden die Anwesenden hin zum Reflektieren und Erleben bedeutender Momente in der täglichen Arbeit von uns AllgemeinmedizinerInnen, sei es ein besonderes Dankeschön von unseren Patienten nach stunden- und jahrelanger mühevoller Arbeit, fröhliche oder auch schicksalshafte Erlebnisse mit unseren PatientInnen oder auch für Außenstehende unscheinbare Ereignisse, die uns im Alltag aber große Freude bereiten und unsere Motivation an der Arbeit erhalten. In familiärer und ehrlicher Atmosphäre gelang es, an solchen Erlebnissen der anderen teilzunehmen. In charmanter Weise gelang es Bruno Kissling dann auch, dem einen oder anderen Teilnehmer ein Listengedicht zu entlocken, welches vorgetragen auf viel Verständnis und zu anerkennendem Lächeln der Anwesenden führte und das dabei half, auch die anderen Teilnehmenden zu einer „freien Feder“ zu motivieren und über wichtige Ereignisse in ihrer medizinischen Laufbahn oder ihrem Praxisalltag zu reflektieren.
Was bleibt am Ende?
Die Wintertagung wurde heuer 16 Jahre alt, erstmals jedoch komplett ohne Unterstützung der Industrie. Ein Wagnis? Die Teilnehmerzahlen gaben uns recht, die ersten Rückmeldungen sind durchaus positiv. Daher hoffen wir auch, dass uns dieser Schritt auch in den nächsten Jahren wieder gelingt und dass wir unseren Teilnehmern auch vom 13. bis 18. Jänner 2018 ein ähnlich vielfältiges und hochwertiges Programm bieten können, um letzten Endes „unsere Wintertagung“ endgültig erwachsen werden zu sehen.

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